Symbole für die Schöpfung: Der Bildhauer Jems Koko Bi

Wäre Jems Koko Bi der Tradition seiner Heimat gefolgt, hätte er sich der Schnitzerei von Masken verschrieben, die zum Teil in seiner Heimat als heilig verehrt werden, schließlich war sein Onkel, bei dem er aufwuchs, in dem Heimatdorf „Hüter der Masken“. Er aber ging auf die Kunstakademie in Abidjan, und dort brachte ihn ein deutscher Gastdozent auf die Idee, Skulpturen in Holz und Stein zu hauen. Koko Bi war jedoch in seiner Heimat derart verwurzelt, dass er erst die Ältesten in seinem Heimatdorf fragte, ob er damit nicht religiösen Frevel begehen würde. Sie beruhigten ihn, denn in Abidjan gebe es das von ihnen als heilig verehrte Holz nicht. Das Kunstmuseum Reutlingen zeigt nun eine große Einzelausstellung.

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Licht- und Schattenseiten: Power in der bildenden Kunst

Es gibt nur wenige englische Wörter, deren Übersetzungsmöglichkeiten so vielfältig sind, auch wenn das Bedeutungsspektrum relativ eng ist, wie das Wort power. Es ist die Kraft und damit auch die Energie, im physikalischen Sinn ebenso wie im biologischen und persönlichen. Es ist Fähigkeit und Leistung, ist Stärke, Macht und Befugnis, Strom und Elektrizität oder ganz allgemein Antriebskraft. Kein Wunder, dass es das Wort auch in die deutsche Sprache geschafft hat: Wenn eine Sache „power“ hat, dann sie es „in sich“. Eine Ausstellung in der Städtischen Galerie Villingen-Schwenningen zeigt nun, was Künstler mit der Power schaffen.

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Welt zwischen Realität und Malerei: Roland Wesner

In der Regel erschließt sich Kunst immer mehr, je länger man sich mit ihr beschäftigt. Neue Details treten bei einem Bild in den Vordergrund, neue Zusammenhänge erschließen sich, ein Bild rundet sich, wird tiefer, in der subjektiven Deutung oft auch klarer, auch wenn diese subjektive Sicht naturgemäß stets mit einer Reduzierung möglicher Aspekte einhergeht. Bei den Bildern des 1940 geborenen und mit 47Jahren früh verstorbenen Malers Roland Wesner ist das anders. Hier gibt jeder weitere Blick auf die Bilder neue Rätsel auf, und das schon von Anfang seiner kurzen Karriere an, wie eine Ausstellung in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen zeigt.

Die Versuchung des hl. Lukas, 1979

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Grand Théâtre in Zeiten von Corona: Das Krisen-Onlineangebot der großen Theater im Land

Obwohl abzusehen war, dass die verordnete Zwangspause für Museen und Galerien vergleichsweise kurz sein würde, haben sich so manche Institute viel einfallen lassen, um Kunst online zu ermöglichen, wie ein Beitrag in diesem Blog darlegt. Sehr viel schwieriger gestaltet sich die Corona-Krise für die Theater. Es ist daher kein Wunder, dass vor allem die Dreispartentheater im virtuellen Raum ohne unmittelbar spürbares Publikum ihre Kunst weiter ausüben, mit unterschiedlicher Intensität.

Cornelius Meister dirigiert Laubenkonzert 2 © Staatsoper Stuttgart

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Eine der größten ihres Fachs: George Eliot – ein Porträt. Teil 3

1841, mit 22 Jahren, zog Mary Ann Evans, die unter dem Pseudonym George Eliot Romangeschichte schreiben sollte und deren Hauptwerk Middlemarch noch im 21. Jahrhundert in einer Umfrage bei hundert englischen Kritikern zum besten englischen Roman gekürt wurde, mit ihrem Vater, der sich in den Ruhestand zurückgezogen hatte, nach Foleshill bei Coventry. Da war sie eine aufopfernde Tochter und glühend gläubige Christin. Nur ein Jahr danach hat sie ihren Glauben verloren, verkehrt in freigeistigen Zirkeln, macht erste journalistische Erfahrungen und knüpft zu meist älteren Männern enge Beziehungen, die keine Liebesbeziehungen sind, aber die Umgebung irritieren. Das ändert sich mit dem Tod ihres Vaters. Marian, wie sie sich inzwischen schreibt, ist frei, zieht nach London, um sich weiter als Journalistin zu betätigen, und findet hierzu im Haus des Verlegers John Chapman die idealen Möglichkeiten.

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Eine der größten ihres Fachs: George Eliot – ein Porträt. Teil 2

Es dauerte gerade einmal fünf Jahre, und aus der Wissenschaftsjournalistin und Übersetzerin philosophischer Schriften Marian Evans ist eine erfolgreiche Schriftstellerin von Romanen geworden. Zwar hat sie erst zwei Bücher vorgelegt, aber die Verkaufszahlen schnellen in die Höhe, die Einnahmen steigen, und nach weiteren fünf Jahren ist die anfangs wegen ihrer wilden Ehe mit dem Sachbuchautor George Henry Lewes im viktorianischen England gesellschaftlich geächtete Frau eine in den höchsten Kreisen begehrte, ja vergötterte Autorin geworden, die ihre Romane unter dem Pseudonym George Eliot schreibt und in ihrem Haus buchstäblich Hof hält – eine erstaunliche Karriere, vor allem, wenn man ihre Herkunft bedenkt!

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Kunst in Zeiten von Corona: Das Krisen-Onlineangebot von Museen und Galerien

Die Oper Stuttgart hat sofort auf Corona und die dadurch verordnete Schließung der Theater reagiert und stellt jede Woche eine ganze Oper per Streaming zur Verfügung, das Sängerehepaar Esther Dierkes und Björn Bürger hat ein kleines Konzert mit beliebten Melodien von Don Giovanni bis My Fair Lady. Im Rahmen der Jungen Oper JOIN stellen Musiker per Video ihre Instrumente vor. Das Ballett präsentiert ebenfalls ganze Werke per Streaming, und für das Schauspiel übernehmen einzelne Schauspieler das Onlineangebot. Aber auch die Kunstinstitute haben ihre Fantasie aktiviert. Hier ein kleiner Überblick über das Geschehen in Württemberg.

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Eine der größten ihres Fachs: George Eliot – ein Porträt. Teil 1

Als weiblicher Shakespeare wurde sie verehrt, aber auch als „Stinkbombe der Menschheit“ abgeurteilt: An George Eliot schieden sich die Geister. Aber immer noch zählt sie zu den größten Romanschriftstellerinnen zumindest ihrer Zeit, wenn nicht der Literaturgeschichte überhaupt. Eine Frau, deren Leben sich selbst wie ein Roman liest. Hier das erste Kapitel dazu.

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Vorarbeiter der literarischen Moderne: Herman Melville

Es ist ein Klassiker der Filmgeschichte: John Hustons Moby Dick von 1956, nicht zuletzt vielleicht auch, weil Gregory Peck, Spezialist für sensible, integre Figuren, hier den dämonischen Kapitän Ahab spielt, der in grenzenlosem Hass den weißen Wal jagt, der ihm einst ein Bein abgerissen hat. Doch mit der Einschränkung auf diesen Handlungsstrang wird der Roman von Herman Melville, auf dem der Film basiert, drastisch verkleinert – und das Bild des Autors wiederum gleichermaßen, weil die meisten Leser von ihm nur diesen Titel kennen, den viele nicht einmal ganz gelesen haben. Der Amerikanist Arno Heller hat Melville in seiner ganzen Komplexität porträtiert und sein Werk als Wegbereiter der Moderne gedeutet.

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Vom 19. Jahrhundert in die Gegenwart: Schuberts „Winterreise“ von Hans Zender an der Oper Stuttgart

Von Beethoven einmal abgesehen hat kaum ein Komponist des frühen 19. Jahrhunderts die Komponisten des 20. derart aufgewühlt und angesprochen wie Franz Schubert. Bei Gustav Mahler hat man gelegentlich den Eindruck, er habe sich bei Schubert bedient und führe ihn in seine Gegenwart weiter. 1990 füllte Luciano Berio drei sinfonische Fragmente Schuberts mit Klängen aus seiner Feder auf, und drei Jahre danach ersetzte Hans Zender in Schuberts Winterreise den Klavierpart durch eine Orchesterversion, die derart theatralisch ist, dass sie gleich mehrere Choreographen zu Balletten anregte. Jetzt hat die Staatsoper Stuttgart das Werk szenisch auf die Bühne gebracht.

Matthias Klink, Mitglieder des Staatsorchesters Stuttgart. Foto: Matthias Baus

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