Rottweil ist eine Stadt der Kontraste. Seit kurzem steht vor den Toren der Stadt der weltweit höchste Testturm für Aufzüge, der im Stadtbild konkurriert mit den Türmen der alten Kirchen, denen die Stadt reiche Schätze aus der Gotik verdankt. Das Forum Kunst bringt den Bürgern seit Jahrzehnten die neueste Kunst nahe, und das in der ältesten Stadt Baden-Württembergs, auf deren Grund einst eine römische Stadt lag, wie die zahlreichen Antikenfunde belegen. Das Dominikanermuseum bringt diese Traditionen unter einem Dach zusammen: Dauerausstellungen mit Relikten der Antike und der Gotik, Wechselausstellungen mit Kunst von heute. Jetzt kann man hier einen Dialog erleben zwischen Römerzeit und Gegenwart.
Was für ein Unterschied. An der hinteren Wand der Ausstellung zeigt ein Foto, wie mühsam zur Römerzeit das Reisen war. Holprige Straßen aus großen Steinen, die aber eindeutig mit Wagen befahren wurden, wie die Radspuren zeigen, die sich tief in die Steine eingegraben haben. Daneben die A 81, die unweit von Rottweil heute den Verkehr rasend schnell ermöglicht.
Und doch: Straßen, Verkehrswege also, sind sie beide, die modernen sind lediglich deutlich perfektionierter, und dieser Eindruck drängt sich allenthalben auf, wobei die Unterschiede zwischen Antike und Gegenwart nicht immer so krass ausfallen. So findet sich in einer Vitrine Gebrauchsgeschirr. Weiß und ebenmäßig das industriell gefertigte von heute, daneben das zwar nicht automatisiert maschinell gefertigte, aber doch in Serienproduktion hergestellte Geschirr aus der Römerzeit, das wie das moderne zudem noch das Prinzip der Stapelbarkeit befolgt, also platzsparend ist.
Auch das Essen unterscheidet sich nicht allzu sehr von dem heute. Das Ausstellungsteam hat nach überlieferten römischen Rezepten gekocht, aufgetischt und das Ergebnis dann fotografiert, und siehe da, das alles könnte auch auf einer italienischen Tafel von heute zu finden sein. Römische Rezepte hängen daneben – zum Mitnehmen und natürlich auch Mitkochen.
Und zu den Speisen zählten auch dieselben Delikatessen wie heute, zum Teil von den Meeresküsten in das römische Arae Flaviae transportiert, das auf dem heutigen Rottweiler Gelände errichtet war und dem das Dominikanermuseum eine umfangreiche Sammlung von Relikten aus antiker Zeit verdankt. Austernschalen wurden gefunden – als Pendant befinden sich in derselben Vitrine heutige Meeresspezialitäten in Konservendosen.
Apropos Dosen: Nicht nur die Schwaben gelten als sparsam, auch die Römer haben gespart – mit denselben Utensilien, den Spardosen. Oft waren es Gebrauchsartikel wie Krüge, die mit einem Schlitz für die Münzen versehen waren, in der Dauerausstellung im Dominikanermuseum finden sich aber auch Objekte, die eigens als Spardosen hergestellt wurden. Und auch das Geldwesen hat Parallelen zu heute. Die Euromünzen gelten in zahlreichen Ländern gleichermaßen, die der Römer sogar in einem noch viel größeren Territorium.
Nicht alle Bereiche der Ausstellung sind gleichermaßen überzeugend. Ein Kugelschreiber von heute ist eben doch etwas anderes als ein Griffel zum Ritzen aus römischer Zeit, auch die Türschlösser halten einen Vergleich nicht aus. Doch in der Tradition der Dachdecker hat sich dasselbe Prinzip der ineinandergreifenden Ziegel erhalten, wie es schon die Römer pflegten.
Auch Urnen zur Bestattung gab es natürlich im alten Rom und also auch im römischen Vorläufer des heutigen Rottweil. Hier erweisen sich die Römer unter archäologischen Aspekten als ergiebiger weil nachhaltiger. Ihre Urnen liefern der Archäologie heute, zweitausend Jahre nach ihrer Herstellung, immer noch wertvolle Erkenntnisse. Die Urnen, die heute zur Bestattung verwendet werden, müssen so beschaffen sein, dass sie sich nach spätestens fünfzehn Jahren zersetzt haben, sind also für Archäologen künftiger Jahrtausende nutzlos.
„Im Dialog. Römerzeit trifft Gegenwart“, Dominikanermuseum Rottweil bis 30.12.2018. Katalog 83 Seiten 15 Euro