Hundert Jahre lang war er ein privater Garten in Esslingen, ein Landschaftspark rund um die Villa der Industriellenfamilie Merkel, seit rund vierzig Jahren ist er der Öffentlichkeit zugänglich, inklusive der in das Städtische Museum der Stadt umgewandelten Villa – ein sogenannter „öffentlicher Raum“ also. In den nächsten Monaten kann man hier ungewöhnlichen Bauwerken begegnen, Teile einer Ausstellung in der in der Villa Merkel eingerichteten Städtischen Galerie. einem schwimmenden Biotop etwa. Aus billigsten Materialien ist mittels Holzlatten, Plastikplanen und einer Solarzelle ein Gewächshaus entstanden, in dem die Pflanzen aus dem Untergrund, auf dem das Haus schwimmt, mit Wasser versorgt werden, das mittels Sonnenenergie nicht nur nach oben gepumpt, sondern auch noch aufbereitet, d.h. von Schadstoffen befreit wird. Kunst also im öffentlichen Raum, sinnigerweise bereits vor den Toren des Museums im Park, einem öffentlichen Raum als, schließlich geht es um die Frage, wie gut solche Räume sind oder sein könnten: „Good space“.
Zumindest den Pflanzen dürfte es in dieser Freiluftinstallationen gut gehen. Die italienische Künstlergruppe PNAT hat ein schwimmfähiges Biotop entwickelt. Aus billigsten Materialien ist mittels Holzlatten, Plastikplanen und einer Solarzelle ein Gewächshaus entstanden, in dem die Pflanzen aus dem Untergrund, auf dem das Haus schwimmt, mit Wasser versorgt werden, das mittels Sonnenenergie nicht nur nach oben gepumpt, sondern auch noch aufbereitet, d.h. von Schadstoffen befreit wird.
Dass es auch Menschen gut gehen kann, scheint ein Film in der Villa Merkel zu demonstrieren. Vier Jungen aus Luanda, der Hauptstadt von Angola, die in den letzten Jahren durch einen Bauboom zum „Dubai Afrikas“ aufgestiegen ist, schwadronieren da von ihrem herrlichen Leben, von Frauen, von Reisen in die USA. Doch die Jungen stammen aus dem Armenviertel von Luanda, ihre Geschichten vom reichen Leben sind Tagträume, ausgedacht in einer aus Sand gebastelten Limousine – Licht- und Schattenseiten rasch aufgekommenen Wohlstands.
Reich und Arm konfrontiert auch eine riesige, sich durch einen ganzen Saal erstreckende Installation, auf der Fotos von zwei New Yorker Straßen aufgereiht sind: der legendären Fifth Avenue und der alles andere als begünstigten Delancey Street. Die Fotos zeigen in einer Reihe das, was wir beim Flanieren als erstes sehen: die Gesichter der uns entgegen kommenden Passanten, aber auch das, was wir meist nicht wahrnehmen, die Relikte der Großstadtgesellschaft an den Straßenrändern: weggeworfene Zigarettenschachteln, Getränkedosen. Auf Texttäfelchen werden zudem noch die Geräusche beschrieben, dienen man in solchen Straßen ausgesetzt ist.
Diese beiden so unterschiedlichen Großstadtporträts lassen Zweifel aufkommen, ob die öffentlichen Räume tatsächlich „good spaces“ sind, zumal man dort auch noch damit rechnen muss, von Kameras überwacht zu werden. Wie man sich dem möglicherweise entziehen könnte, zeigt eine ironisch-witzige Installation des Münchner Künstlers Hito Steyerl: „How not to be seen“.
Da ist es offenbar viel besser, man baut sich sein eigenes Refugium – sei es in Form eines aufblasbaren Plastikraums, der multifunktional genutzt werden kann, sei es mithilfe des Zeichenstifts, mit dem man Zeichnungen von Sehenswürdigkeiten wie dem Schloss Neuschwanstein selbst durch im Raum gezeichnete Skizzen ergänzen kann.
Zurück im Merkelpark kann man sich dann noch in eine futuristisch anmutende Konstruktion aus Metallstreben und Plastik wagen, die in Form der Möbiusschleife gehalten ist und auf ein Kernfusionsprojekt in Greifswald zu neuen Energiegewinnungsmethoden anspielt. Freilich: um all die Gedanken nachvollziehen zu können, die die Künstler mit ihren Werken bezwecken, ist es unbedingt nötig, mit dem – erfreulicherweise kostenlosen – Kurzführer durch die Ausstellung zu gehen, denn sonst könnte man die Kernfusionsanspielungen der Möbiusschleife nicht einmal erahnen, wüsste nicht, welche Straßen auf den zahlreichen Fotos porträtiert sind und wer die vier angolanischen Jungen im Video sind. Ohne diese Kenntnisse aber bliebe man als Besucher der Monumentalausstellung im Vagen.
„Good space. Politische, ästhetische und urbane Räume. Villa Merkel, Esslingen bis 21.8.2016