Vielen gilt er als der „Maskenbucher“ – der Bildhauer Willi Bucher in Fridingen Seit Jahrzehnten schnitzt er traditionelle Masken für die Fastnacht seiner alemannischen Heimat – doch das ist nur eine Nebenbeschäftigung: Denn Willi Bucher ist nicht Handwerker, sondern vielseitig ausgebildeter Bildhauer, und die Masken, die er schnitzt und mit vielerlei ungewöhnlichen Materialien versieht, sind Kunstwerke, in vielen Ausstellung bereits gezeigt.
Noch ehe man das Atelier von Willi Bucher in einer alten Scheune betritt, in dem er seine Masken herstellt, stößt man auf Steine – rohe Steine aus dem Steinbruch, und Steinplastiken, denn auch wenn viele Willi Bucher vor allem als den Mann kennen, der aus Holz Masken schnitzt, so beschränkt er sich doch keineswegs auf diese Tätigkeit. Seit Jahrzehnten arbeitet er auch als Steinbildhauer, und da meistens abstrakt. Auf dem Boden seines Ateliers liegen gräulich schimmernde, runde Steingebilde, aber auch ein Würfel. Allerdings wölbt sich an einer Seite dessen Oberfläche, was dem den auf den ersten Blick so streng geometrisch wirkenden Würfel eine schmiegsam weiche Qualität verleiht:
Der Bruder – Franz Bucher! Sehr viel älter als Willi und längst verstorben, ein Holzbildhauer, der ähnlich abstrakte Formen mit organisch wirkenden Teilen verband. Dieser Bruder war für Willi Bucher sehr wichtig, denn Willi hatte zunächst mit der Kunst erst einmal nichts im Sinn, er ließ sich als Chirurgiemechaniker ausbilden. Freilich, schon nach ein paar Tagen sagte dem Jungen die Ausbildung nicht zu. Bucher hielt durch, wechselte dann in das Holzbildhaueratelier seines Bruders, und dann folgte eine Ausbildung zum Bildhauer – sowohl in Holz wie auch in Stein, wobei sich seine Steinarbeiten allerdings nur schwer durchsetzen konnten. Schließlich sind Ausstellungen mit Steinskulpturen nicht zuletzt eine logistische Herausforderung.
Ende der 60er Jahre fing er an, Masken zu schnitzen, erst in der Tradition der alemannischen Fastnacht, wobei er allerdings schon da einen sehr eigenwilligen Kopf hatte. Er bastelte im Auftrag der schwäbisch-alemannischen Narrenvereinigung für Hechingen eine Pestmännlelarve – aber sehr unüblich! Den Masken blieb er treu, aber auf seine Art. Das Ausgangsmaterial ist dasselbe wie bei den Fastnachtsmasken: Eine ovale Holzform, die er ausgesägt hat, der Rest ist Handwerk: Schnitzen – und dann geht es an die Oberfläche der „Gesichter“, und da lässt Bucher seine Phantasie spielen. Zunächst beklebt er sie mit altem Papier, allerdings hochwertigem.
Der Böller! Er dient einer Maske als Frisur, anderen klebt Willi Bucher über der Stirn alte Bürsten oder abgetragene Schuhe auf – das Resultat: Alle Masken sind – oft höchst skurrile – Unikate. Buchers Masken, die in seiner Werkstatt in Reih und Glied auf Regalen ruhen, bilden ein Panoptikum von Gesichtern, die aus einer anderen Welt zu stammen scheinen. Mal entführen sie den Betrachter in eine düsterere Gespensterwelt, mal lassen sie ihn teilhaben an dem Witz und Humor ihres Erfinders, wiederum andere erinnern an Totemmasken fremder Völker. Es sind Köpfe aus Märchen, Träumen, sogar Alpträumen – und doch erinnern sie immer auch an menschliche Individuen; nicht selten sprechen Ausstellungsbesucher Bucher darauf an, dass seine Larven sie an Freunde oder gar Verwandte erinnerten.
Trotzdem ist Bucher dem Stein nicht untreu geworden. Dank seiner soliden Ausbildung ist er ein gefragter Restaurator, so hat er die Sanierung des Rottweiler Münsters geleitet – und in zahlreichen Kirchen Altarräume gestaltet, etwa in der katholischen Kirche in Nagold. Dabei versucht er stets, Arbeiten wie einen Altartisch nahtlos in die vorhandene Architektur einzufügen.
Dieser behutsame organische Umgang mit der Kirchenarchitektur verdankt sich möglicherweise seiner Jahrzehnte langen Beschäftigung mit Holz, die ihm denn auch weithin den Namen „Maskenbucher“ eingetragen hat.
Fotos: Horst Simschek
Zu Willi Bucher findet sich auf Youtube ein Film von Horst Simschek und mir