Er begann damit, aus dem Schutt der Kriegsbomben Relikte der Vergangenheit zusammenzutragen, die er dann in Assemblagen und Collagen zu Kunstwerken verarbeitete. Felix Schlenker war damit seiner Zeit voraus. Später wurden die Werke des 1920 in Schwenningen geborenen Künstlers immer strenger, reduzierter. Das Dominikanermuseum in Rottweil zeigt nun einen Überblick über das Schaffen eines eigenwilligen Künstlers.
„Oberamt Rottweil“ ist auf einer Blechtafel zu lesen. Felix Schlenker fand sie, wie so viele andere Objekte, im Abfall. Regelmäßig konnte man ihn in den 50er Jahren mit einem Wägelchen oder dem Rad durch die Straßen seiner Heimatstadt Schwenningen ziehen sehen auf der Suche nach Fundstücken. Das war für ihn Erinnerungsarbeit. In seinem Tagebuch notierte er 1990 zu seiner Installation für Anne Frank: „Schrecken der Geschichte nicht zu bewältigen, nicht zu vergessen.“ Damit war er seiner Zeit weit voraus, denn solche Erinnerungsarbeit leisteten Künstler erst ab den 80er Jahren, als Christian Boltanski mit seinen Spurensicherungen die Kunstwelt bereicherte, deren Material gleichfalls, wie bei Schlenker Jahrzehnte zuvor, Fundstücke waren.
Aber Schlenker begnügte sich nicht damit, Fundstücke einfach auszustellen. Die Blechtafel des Oberamts Rottweil hatte er auf eine Holztafel montiert und mit Sand überzogen. Die alte Realität ist noch erkennbar, aber zu etwas Neuem überführt. Diesen Weg beschritt er konsequent weiter. Alte Nägel, Stoffe, Holzstücke fügte er zu Materialbildern zusammen. Damit griff er auf die Kunstgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts zurück, auf die „objets trouvés“ eines Marcel Duchamp oder die skurrilen Collagen der Dadaisten. Aber Schlenker wiederholte nicht die Geschichte, er schuf Neues. Seine Materialbilder laden zur nachdenklichen Reflexion ein.
Trotz der düsteren, nicht selten rostig-schwarzen Farben wirken sie nicht deprimierend, sondern anregend. Die Bildtitel zeigen die philosophische Tiefe dieser Arbeiten: „Späte Wirklichkeit“, „Erde und Verderbnis“. Es sind Bilder, die abstrakt sind, und doch Assoziationen an konkrete Wirklichkeit hervorrufen, an vulklanisches Gestein, an Erdschichten.
Dann beruhigten sich seine Formen. Grobes Sackleinen reichte ihm aus, um ein stilles Bild in hellen Grautönen zu gestalten. Auf Bildern aus dünnen schwarzen Blechen kann man kaum mehr ausmachen, dass hier altes, gebrauchtes Material der Grundstoff der Kunst ist.
Felix Schlenker, T 45. 1967. Foto: Fritz Rapp © VG Bild-Kunst 2015
Schließlich widmete er sich ganz seinen „Meditationsbildern“. Weiße Flächen auf schwarzem Grund laden zur Reflektion ein. Fünf schlanke graue Farbbahnen auf schwarzem Grund reichen als Ausdrucksmittel aus. Der Schritt vom Schutt der Nachkriegszeit zu solchen konstruktivistischen Bildern mag weit erscheinen, die Ausstellung aber macht deutlich, dass hinter allen stets ein philosophischer Künstler stand.
Darüber hinaus war Schlenker ein unermüdlicher Arbeiter für die Kunst. Das kulturelle Leben in seiner Heimatstadt wäre ohne Schlenker sehr viel ärmer gewesen. Seine Kontakte zu Künstlerkollegen führten zu einer beeindruckenden Kunstsammlung, die er seiner Heimatstadt vermachte und aus der gleichfalls Beispiele zu sehen sind. Es sind ruhige Arbeiten eines Johannes Gecelli, Erich Hauser oder Sol Lewitt. Schlenker sammelte Werke von Verwandten in seinem Geist.
Felix Schlenker. Vom Informellen zum Konkreten. Dominikanermuseum. Kriegsdamm 4, 78628 Rottweil bis 21.2.2016, Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr
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