Archiv der Kategorie: Literatur

Georgianer ohne George. Ulrich Raulff beschreibt den George-Kreis ohne seinen Meister

Dass große Dichter eine Schar von Jüngern, Verehrern, Epigonen um sich versammeln, versteht sich fast von selbst. Manche dieser Jünger frönen ihrer Begeisterung im Stillen, aus der Distanz, andere suchen die Nähe zum Idol, wie etwa all jene Weimar-Pilger, die dem großen Geheimrat von Goethe ihre Aufwartung machen wollten. Und dann gibt es noch jene Dichter, die ganz bewusst einen Kreis von Adepten um sich scharen. Ein Meister in der Kunst, sich mit einer Corona zu umgeben, war Stefan George, der sich in jeder Beziehung zum Dichtergott stilisierte. Thomas Karlauf hat in einer großen Studie dieses Charisma biographisch herausgearbeitet. Ulrich Raulff hat sich diesem Phänomen auf eine ganz andere Weise genähert. Er zeichnet gewissermaßen das Nachleben dieses Dichters nach: Was passiert, wenn der Mittelpunkt eines solchen Schülerzirkels plötzlich nicht mehr da ist. Wenn der „Kreis ohne Meister“ ist.

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Die Welt als menschenleeres Universum. Die Fotos von H.G. Adler in Marbach

Ehe Péter Nádas Schriftsteller wurde, war er Fotograf. Daher hat ihn das Deutsche Literaturarchiv in Marbach eingeladen, das Fotoarchiv zu sichten – Abertausende von Fotos. Nádas fing beim Buchstaben A an und war sofort von den Fotos fasziniert, die aus dem Nachlass von H.G.Adler stammen. Adler war Schriftsteller, der das KZ Theresienstadt überlebte. Nach dem Krieg hat er darüber eine große Monographie geschrieben – und Adler war ein geradezu manischer Fotograf. 8000 Fotos enthält sein Nachlass, Péter Nádas hat daraus eine Ausstellung und einen biographischen Essay über Adler gemacht.

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                                   H.G.Adler. Blick durch Lärchen. Auf Crasta Fex. Foto: DLA Marbach

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Literarische Schlaglichter. Die neue Dauerausstellung im Deutschen Literaturarchiv in Marbach

Neun Jahre lang konnte man die alte Dauerausstellung im Deutschen Literaturarchiv in Marbach bestaunen – eine anstrengende Ausstellung, denn der Besucher war mit über Tausend Objekten konfrontiert. Die neue Dauerausstellung begnügt sich mit „nur“ 280 Exponaten. „Die Seele“ heißt sie – und mit der Seele ist das Marbacher Archiv gemeint.

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                                                                     Bild: DLA Marbach

Die neue Dauerausstellung in Marbach hätte auch – frei nach Heinrich Mann – den Titel tragen können: „Ein Zeitalter wird besichtigt“, denn für jedes Jahr des 20. Jahrhunderts finden sich in den zahlreichen Vitrinen Beispiele aus dem riesigen Marbacher Archiv ausgewählt – und es passierte in Sachen Literatur viel in diesem Jahrhundert, nicht zuletzt änderten sich die Schreibgewohnheiten, was sich erstaunlicherweise aber nur bedingt in den Exponaten niederschlug.

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Weltkommentar mit der Blechtrommel. Der Grass-Roman am alten Schauspielhaus in Stuttgart

Als Günter Grass 1959 seinen Roman „Die Blechtrommel“ veröffentlichte, erhielt er wegen seiner völlig neuen, stilistisch überbordenden Sprache Lobeshymnen, aber auch wütende Verrisse. Seine Geschichte um den kleinen Oskar Matzerath, der sich angesichts der heuchlerischen Welt um ihn herum weigert, weiter zu wachsen, und seine Kommentare mit einer Trommel zu Gehör bringt, war nicht zuletzt auch wegen ihrer sexuellen Freizügigkeit in Adenauers Wirtschaftswunderdeutschland ein Affront. Inzwischen gilt die „Blechtrommel“ als Meilenstein in der Romanliteratur des 20. Jahrhunderts, brachte dem Regisseur Volker Schlöndorf für dessen Verfilmung mit dem kleinen David Bennent als Oskar Matzerath einen Oscar. Jetzt hat der Regisseur Volkmar Kamm eine Bühnenversion erstellt und am Alten Schauspielhaus in Stuttgart inszeniert.

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                                                                                           Raphael Grosch. Foto: Sabine Haymann

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