Archiv der Kategorie: Kunst

Synthese von Tradition und Moderne: Lyonel Feininger in der Galerie Stihl in Waiblingen

Die einzige Konstante in seinem Leben scheint New York gewesen zu sein: Hier wurde er 1871 als Sohn eines Musikerehepaars geboren, und hier starb er 1956: Lyonel Feininger. Dazwischen war es ein Leben voller unerwarteter Wendungen: Er wollte Geiger werden, wandte sich aber der bildenden Kunst zu, er heiratete eine Schülerin des Pianisten Arthur Schnabel, verließ seine Familie aber wegen Julia Berg, einer Künstlerin, er stellte zusammen mit den Expressionisten der Brücke und des Blauen Reiters aus und pflegte doch einen hochgradig unexpressionistischen Stil. Entscheidend war seine Begegnung mit dem Kubismus, doch ein Kubist im strengen Sinne wurde er dennoch nicht. Bekannt ist er vor allem als Maler, doch am Bauhaus leitete er die Druckwerkstätten, und so ist es nur folgerichtig, wenn die Galerie Stihl in Waiblingen nun den Graphiker Feininger ins Zentrum rückt.

 

Weiterlesen

Mit Bildern sprechen: Günther Ueckers Huldigung an Hafez

Sein Grab ist eine touristische Wallfahrtsstätte in Shiraz; hier wurde er vor über 600 Jahren bestattet, Schah Reza Pahlavi ließ darüber einen Pavillon bauen: Hafis, wie man ihn früher schrieb, Hafez, wie man ihn heute entsprechend der Aussprache seines Namens schreibt. In seinem „Diwan“ besang er die Schönheit und Reize der Frauen, aber er schrieb auch über Trennung und Sehnsucht. Seine Gedichte haben Goethe zu seinem West-östlichen Diwan angeregt, vor zwei Jahren hat er Günther Uecker zu Aquarellen inspiriert. Jetzt wurden sie in der Reutlinger Siebdruckfirma Graffiti gedruckt und sind jetzt nach Ausstellungsstationen in Shiraz und Wolfenbüttel im Reutlinger Spendhaus zu sehen: Huldigung an Hafez.

Weiterlesen

Aus Liebe zur Geometrie: Die Konkrete Kunst in der Sammlung Teufel

Es war eine radikale Absage an Inhalte in der Malerei. Persönlicher Ausdruck war verpönt. Es galten nur konkrete Dinge wie Farbe, Linie, Fläche. So definierte Theo van Doesburg 1930 die von ihm mit Freunden konzipierte neue Kunst: Die Konkrete Kunst war geboren. Es hätte mit dieser radikalen Einschränkung der Ausdrucksmittel eine Sackgasse in der Kunstgeschichte werden können. Doch bis heute hat sie an Aktualität nichts verloren. Daran hat nicht zuletzt der Galerist und Sammler Heinz Teufel einen wesentlichen Anteil, denn er setzte sich entschieden für das Konkrete in der Kunst ein.

 

Weiterlesen

Pop Art made in Germany. Die Sammlung Kraft

Es war die Kunst der Nachkriegszeit, eine Kunst der Konsumwelt, des Luxus, der Alltäglichkeit: die Pop Art. Alles, was in den 50er Jahren in der Kunst verpönt war – Gegenständlichkeit, leichte Verständlichkeit, Plakativität – wurde in ihr zum Motto erhoben. Ob Industrieprodukte wie Suppendosen, Comics oder Objekte wie die amerikanische Flagge – alles wurde subtiler farblicher Nuancen entkleidet und in grellen Farben auf die Leinwand gebracht. Der persönliche Pinselstrich galt nichts mehr, die Revolte gegen den abstrakten Expressionismus in den USA oder das Informel in Europa war vollkommen. Die Sammlung des Kölners Hartmut Kraft zeigt die Folgen dieser amerikanischen Revolution (die freilich in England ihre Ursprünge hatte) für die deutsche Kunstszene.

Weiterlesen

Gold und Silber zu Ehren Gottes: Der Zwiefaltener Klosterschatz

Es war noch keine fünfzig Jahre alt, da beschrieben es Zeitgenossen bereits als schimmernden Tempel „mit goldenen Kronen, mit goldenen, silbernen, kristallenen und elfenbeinernen Gefäßen, mit Edelsteinen und seidenen Wandbehängen“. Was nach einem morgenländischen Palast aus 1001 Nacht klingt, befand sich freilich auf der Schwäbischen Alb und war kein heidnisches Schloss, sondern ein katholisches Kloster: Zwiefalten. Noch heute zieht es Tausende von Besuchern an, obwohl es längst nur noch Relikt ist: Das Kloster wurde 1803 im Zuge der Säkularisation aufgelöst, seine Schätze nach Stuttgart verbracht, wo sie zum Teil eingeschmolzen wurden. Was der Zerstörungsarbeit durch die Protestanten entging, befindet sich heute im Besitz der Kirchengemeinde Zwiefalten, ist, von einzelnen Gegenständen, die im Kirchenalltag Verwendung finden, dem Auge der Öffentlichkeit entzogen. Eine Ausstellung im Diözesanmuseum Rottenburg zeigt, wie kostbar die Schätze sind, vor allem aber, was sie über das Kloster aussagen.

Staurothek, wohl Jerusalem, um 1100 © Zwiefalten, Katholische Kirchengemeinde. Foto Joachim Feist

Weiterlesen

Mit Kunst für eine bessere Welt. Der Arzt Gremliza und die Lovis-Presse

Er war Arzt, und als solcher angetreten, das Leiden der Menschen zu mindern, Leben zu retten, Zukunft zu ermöglichen: Franz Georg Ludwig (genannt Lovis) Gremliza. Nach Schwenningen verschlug es ihn kurz vor Kriegsende, und auch wenn sein Wirken in dieser Stadt nur wenige Jahre währte, so sollte sein Einsatz hier Folgen bis in die Gegenwart haben, denn Gremliza beschränkte sein Engagement nicht auf den Leib der Patienten, sondern kümmerte sich gleichermaßen um deren seelisches und kulturelles Wohlergehen. Die Städtische Galerie in Schwenningen gäbe es ohne ihn möglicherweise nicht, jetzt würdigt sie sein Engagement in einer Ausstellung.

Gertraud Roszosky, Portrait Dr. Lovis Gremliza, 1947

Weiterlesen

Neue Kunst aus alten Räumen. Georges Rousse‘ Spiel mit den Dimensionen

Es gibt Künstler wie Christo, die Landschaften und Räume durch Eingriffe bis zur Unkenntlichkeit verändern. Es gibt Künstler wie Christian Boltanski, die sich auf Spurensicherung begeben. Georges Rousse ist beides, vor allem aber ist er Fotograf. Eine Ausstellung in der Städtischen Galerie Tuttlingen zeigt anschaulich, wie sich alle drei künstlerischen Techniken bei ihm zur perfekten Einheit fügen.

Weiterlesen

Haikus in Wort und Bild: Jürgen Glocker dichtet, Werner Pokorny zeichnet

Von allen literarischen Formen ist das Gedicht die komprimierteste, und unter allen Gedichten ist das Haiku das dichteste. In deutscher Sprache gerade einmal siebzehn Silben auf drei Zeilen verteilt, ein Nichts, ein Hauch an Worten, eine Fülle an Anspielungen, die der Leser in Assoziationen verwandeln muss – die Minimal Art unter den Dichtwerken. Und Werner Pokorny, der Bildhauer, ist in der bildenden Kunst ein Minimal Artist, nicht weil er in die Gruppe der Sol Lewitts, Dan Flavins oder Donald Judds gehörte, sondern weil er sich wie nur wenige Künstler Jahrzehnte lang auf wenige Formen beschränkt hat wie das Haus oder die Schale. Ein Künstler wie er scheint geradezu auf eine Begegnung mit der Minimal Art der Dichtung gewartet zu haben, jetzt liegt sie vor, mit Haikus von Jürgen Glocker.

9783945424438_d (1)neu

Weiterlesen

Mehr als nur zum Wohnen: Raum-Kunst

Raum ist physikalisch gesehen eine sich in drei Dimensionen erstreckende Größe, im menschlichen Leben ein zum Aufenthalt bestimmter Bereich, in der Astronomie das All, in der Malerei ein Problem. Erst durch die Zentralperspektive ließ er sich so darstellen, dass er für das Auge dreidimensional wirkte. Doch im 20. Jahrhundert hat sich vieles geändert. Die Perspektive in der Kunst gilt weitgehend als überwunden, die Physik des 20. Jahrhunderts hat Raum und Zeit relativiert – hinreichend Spielraum also für die Phantasie der Künstler, wie jetzt eine Ausstellung im Museum Ritter in Waldenbuch deutlich macht.

Weiterlesen

Alle meine Lieben: Künstler auf der Suche nach Familie

Dem 19. Jahrhundert galt sie als Urbild heimischer Geborgenheit – die Familie. Für die 68-Generation war sie der Inbegriff der Spießigen. In den Jahrzehnten steigender Scheidungsraten wurde sie nicht selten totgesagt, bei derzeit sinkenden Scheidungsquoten scheint sie wieder aufzuleben, ist aber längst nur noch eine Form engen Zusammenlebens neben Patchwork-, Regenbogen- oder multinationaler Familie. Eine Ausstellung in der Villa Merkel in Esslingen zeigt auf, wie Künstler von heute auf das Phänomen reagieren.

Weiterlesen