Archiv der Kategorie: Kunst

Aus Alt mach Neu – das Weiterleben von Kunst in der Kunst

In der Popszene geht gelegentlich die Angst um, Angst vor Gerichten. So wurden vor zwei Jahren Robin Thicke und Pharrell Williams verurteilt, sieben Millionen Dollar an die Erben von Marvin Gaye zu zahlen, weil ihr Song Blurred Lines allzu sehr einem Song des inzwischen verstorbenen Kollegen ähnele. Vor zwanzig Jahren verlor Madonna vor Gericht, weil sie für ihren Song Frozen vier Takte bei einem Kollegen abgekupfert habe. Doch Zitate galten nicht immer als anrüchig. Johann Sebastian Bach hat gleich ganze Konzerte von Vivaldi bearbeitet – und man sah darin damals kein Sakrileg, sondern eine ehrfürchtige Verneigung vor der Leistung anderer. Dass dem auch heute noch so sein kann, zumindest in der bildenden Kunst, zeigt eine Ausstellung in der Galerie Schlichtenmaier.

Joachim Kupke, After Ian H. Finlay (Dutch Interior), 2015 © Joachim Kupke/VG Bild-Kunst, Bonn

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Raum wird zur Fläche. Bildhauergraphik in der Kunsthalle Vogelmann

Streng genommen gibt es keine unterschiedlicheren Kunstgattungen als die Graphik und die Bildhauerei. Der Graphiker arbeitet streng zweidimensional, flächig oder, noch reduzierter, einzig mit der Linie; Räume kann er nur andeuten. Der Bildhauer arbeitet raumgreifend, schafft Volumina, selbst wenn sein Ausgangsmaterial dünne Eisenstäbe sind. Und doch greifen viele Bildhauer immer wieder zum Stift oder zur Radierplatte, nicht, um Vorskizzen zu ihren späteren Skulpturen anzufertigen, sondern um eigenständige Kunstwerke zu schaffen, die gleichwohl natürlich zumindest im Geist verwandt sind mit ihren dreidimensionalen Kreationen. Eine Ausstellung in der Kunsthalle Vogelmann in Heilbronn zeigt an drei Beispielen auf, wie eigenständig solche Arbeiten sein können und wie nahe sie zugleich doch dem eigentlichen Oeuvre dieser Künstler stehen.

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Eine Art Verwandlung: Stefan Rohrers Umgang mit des deutschen liebstem Kind

Vielen Künstlern galt es als Sinnbild des Fortschritts, der Moderne: das Auto. Die Futuristen sahen in einem aufheulenden Automotor mehr Schönheit als in der Nike von Samothrake, die Popkünstler verherrlichten die Karosserien der Straßenkreuzer in leuchtenden Farben, Andy Warhol feierte 1986 das hundertjährige Bestehen des Automobils mit einer Serie zu den Luxusmodellen der Firma Mercedes, aber er zeigte auch die Kehrseite der Medaille, einen Verkehrsunfall. Wolf Vostell formulierte drastisch, mit einem Auto kaufe man den Unfall gleich mit, und schuf für den Mittelstreifen des Hohenzollernrings in Köln eine Plastik, für die er ein Auto in Beton gegossen hatte: Ruhender Verkehr. Stefan Rohrer vereint in seinen Arbeiten zum Automobil beide Aspekte – den Glanz und die Katastrophe.

Fast and Furious

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Von der Fläche in den Raum: Lothar Quinte und Sibylle Wagner

Künstlerehen sind ein besonderes Phänomen, denn hier kommen neben persönlicher Beziehung künstlerische Mentalitäten in enger Nähe zueinander, was nicht unbedingt gedeihlich sein muss. Paula Becker fühlte sich neben Otto Modersohn alles andere als frei und glücklich, Gabriele Münter stand im Schatten von Wassili Kandinsky, und Lee Krasner spielte in ihrer Ehe mit Jackson Pollock eher die Muse und entfaltete sich erst nach seinem Tod wieder freier in ihrer Kunst. Das Museum Art.Plus in Donaueschingen präsentiert eine Paarung, die trotz eines sehr großen Altersunterschieds offenbar sehr viel harmonischer verlief. Sibylle Wagner, Jahrgang 1952, trat neben ihrer Malerei vor allem mit Installationen und Plastiken hervor, ihr Mann Lothar Quinte, Jahrgang 1923, ging ganz in der Malerei auf.

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Zwischen Kirche und Individuum – die Malerin Käte Schaller-Härlin in der Kunststiftung Hohenkarpfen

Wer sich heute die Studentenlisten der Kunstakademien ansieht, wird auf mindestens ebenso viele Frauen wie Männer treffen, das war keineswegs immer so im Gegenteil: Die Emanzipation der Frau war ein langer und steiniger Weg, und das gilt erst recht für die Kunstwelt. Die Frau hatte ihren Platz am Herd und nicht an der Staffelei. Wollte sie studieren, musste sie sich mit einem Platz an einer Damenakademie begnügen, der Zutritt zu den Kunstakademien war Frauen bis ins 20. Jahrhundert hinein verwehrt, und an diesen speziellen Akademien, von denen es im 19. Jahrhundert in Deutschland gerade einmal drei gab, mussten sie im Vergleich zu den männlichen Studierenden an einer offiziellen Kunstakademie das Zehnfache bezahlen. Das alles ist nachzulesen in einer Monographie über die Stuttgarter Malerin Käte Schaller-Härlin, die erste über eine Frau, die trotz solcher Widrigkeiten ihren Platz in der Kunstgeschichte fand und dennoch heute allenfalls ein Geheimtipp ist. Eine Ausstellung in der Kunststiftung Hohenkarpfen bietet einen Überblick über ihr umfangreiches Schaffen.

Selbstbildnis in Mädrigen, 1937. Privatbesitz

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Die Königin an der Lagune – Künstler von heute und Venedig

Die Zahlen sprechen für sich: 30 Millionen Touristen besuchen Venedig pro Jahr, man könnte auch sagen sie überfallen die Stadt an der Lagune, und trotzdem hat sie nichts von ihrer Faszination verloren. Noch immer ist sie die Serenissima, ein Traum aus Licht und Wasser und natürlich märchenhafter Architektur, ob beim Dogenpalast, einem der bedeutendsten Profanbauten der Gotik, oder bei der barocken Kirche Santa Maria delle Salute, die aus Anlass der Pest errichtet wurde, denn auch das gehört zu Venedig: die Schattenseite, der drohende Verfall – kein Wunder, dass sich Künstler seit Jahrhunderten von dieser Stadt angezogen fühlten, bis heute, wie eine Ausstellung in Ochsenhausen zeigt.

Joachim Elzmann, Venedig, 2014

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Neue Kunst für neue Kunden – amerikanische Druckgraphik vor 50 Jahren

Auf den ersten Blick erkennbar sollte sie sein, leicht verständlich, der Alltagswelt verhaftet – die Pop Art revolutionierte den Kunstbegriff: Abkehr von allem Elitären, Verherrlichung des Alltags, vor allem aber eine Kunst für alle. Kein Wunder, dass die Pop-Künstler vor allem die Druckgraphik schätzten, die davor in den USA kaum eine Rolle gespielt hatte. Mit ihr ließ sich Kunst vervielfältigen, einem großen Publikum zugänglich und vor allem erschwinglich machen. Eine Ausstellung der Staatsgalerie Stuttgart zeigt, dass sich dieser „Great Graphic Boom“ beileibe nicht auf diese Kunstströmung beschränkte.

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Faszinierend vieldeutig: Die Sammlung Klein

Es gibt verschiedene Arten, Kunst zu sammeln. Da sind auf der einen Seite die Spezialisten, sie widmen sich ganz einer Epoche, einer Kunstgattung oder -strömung wie etwa die Sammlung Kraft, die sich ganz auf die deutsche Pop Art konzentriert und derzeit in der Städtischen Galerie in Villingen-Schwenningen zu sehen ist. Und es gibt jene Sammler, die aus innerer Neigung Einzelwerke sammeln. So das Ehepaar Klein, dessen Sammlung derzeit in einer Auswahl im Kunstmuseum Stuttgart präsentiert wird. Die Gefahr einer solchen Ausstellung besteht darin, dass der Besucher mit einer divergenten Vielzahl von Werken konfrontiert ist, die ausschließlich die Vorlieben der Sammler verraten. Das trifft in diesem Fall durchaus zu, und doch hat das Kunstmuseum diese Gefahr souverän vermieden durch eine raffinierte Hängung und die Tatsache, dass von den Künstlern jeweils mehrere Werke ausgestellt werden.

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Falsch und doch echt. Jim Avignons „Covermalerei“

Es gibt viele Formen der Nachahmung. Die perfideste ist die Fälschung, die perfekte Imitation eines Originals, die als Original ausgegeben wird. Ein Plagiat ahmt das Original nur nach, gibt aber nicht die Quelle an, ein Zitat greift nur Elemente eines Originals auf und spielt oder argumentiert damit, ein Remake ist eine Neuversion eines Originals durch den ursprünglichen Künstler, ein Cover die Neuversion eines Musikoriginals durch einen anderen Künstler. Für die Städtische Galerie in Böblingen hat der Berliner Künstler Jim Avignon Letzteres angefertigt: Coverversionen nicht älterer Musikstücke, sondern älterer Gemälde: Neo – interpretiert.

 

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Grenzüberschreitungen – Wolfgang Flad und Jürgen Elsner in Bad Waldsee

Künstler arbeiten mit Materialien, und ihre Arbeit folgt Gesetzen, die die Materialien auferlegen. So entstehen Tafelbilder in der Regel durch Malerei mit Ölfarbe auf Holz oder Leinwand, und schon diese Malgründe erfordern einen unterschiedlichen Farbauftrag, hinzu kommt, dass die zähflüssige Ölfarbe der malenden Hand andere Widerstände entgegenbringt als etwa die moderne Acrylfarbe oder gar die transparente Aquarellfarbe. Der Bildhauer arbeitet mit Stein, Holz oder Stahl – schweren Materialien, statisch, in sich ruhend. Künstler können mit diesen Gesetzlichkeiten arbeiten. Zwei Ausstellungen in Bad Waldsee zeigen, dass man auch gegen sie arbeiten kann.

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