Archiv der Kategorie: Kunst

Mit der menschlichen Figur in die Moderne: Die neue Figuration an der Akademie in Karlsruhe

Es war verständlich, dass zumal in Deutschland nach 1945 Kunst für die meisten nur eine Zukunft in der Abstraktion finden könne, denn sie galt als Ausdruck von Freiheit, war vor allem unbelastet von der Malerei, die die Nazis zumal im Bereich der figürlichen Kunst propagierten. So war es nur konsequent, dass mit Willi Baumeister ein führender Vertreter der abstrakten Malerei zum Leiter der neu eröffneten Stuttgarter Akademie berufen wurde. Doch in einer Art Gegenströmung versammelten sich in Karlsruhe mit Erich Heckel, Wilhelm Schnarrenberger und Karl Hubbuch Vertreter einer gegenständlichen, gar figürlichen Malerei auf den Professorenposten. Eine Ausstellung in der Galerie Schlichtenmaier zeigt, dass das die Moderne keineswegs ausschloss, im Gegenteil.

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Ein Umweltproblem als Kulturgut betrachtet: Die Plastiktüte

Plastik ist ein nützliches Material: leicht, variabel einsetzbar, haltbar – aber auch ein Problem. Allein mit den in einem Jahr weltweit benutzten Plastiktüten könnte man die Erde 10.000 mal umwickeln, und ein Großteil davon landet unter anderem im Meer und in den Fischmägen. Grund für die Bundesregierung, zumindest die Plastiktragetaschen verbieten zu wollen, ein Gesetz ist in Vorbereitung. Das Landesmuseum Stuttgart startet jetzt schon eine Art Nachruf: Adieu Plastiktüte heißt eine Ausstellung in der Dependance des Hauses in Waldenbuch, dem Museum der Alltagskultur. Anlass: Zwei gigantische Privatsammlungen solcher Produkte, die dem Museum zur Verfügung gestellt wurden.

Einkaufstüte: „Aldi Nord“ 1970er Jahre. Entwurf von Günter Fruhtrunk

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Hommage an das künstlerische Material: Felix Schlenker zum 100. Geburtstag

Spurensicherung nannte man in den 70er Jahren eine Form der Konzeptkunst, bei der die Künstler wie Archäologen oder Soziologen vorgingen. So arbeitete Christian Boltanski – bezeichnenderweise Bruder eines Soziologen – in Installationen seine Kindheit mithilfe von Erinnerungsstücken auf, Nikolaus Lang sammelte Hunderte von Gegenständen eine bayrischen Familie. Aber schon Jahrzehnte davor hatte ein Künstler in Villingen-Schwenningen (damals noch Schwenningen) eine Spurensuche künstlerischer Art entwickelt: Felix Schlenker, zu dessen 100. Geburtstag die Städtische Galerie in seiner Heimatstadt eine Ausstellung zeigt.

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Zwischen Kirche und Gesellschaft: Künstler der fünf Donaustädte in Bad Saulgau

Vielleicht war es Unkenntnis, vielleicht der Wunsch, administratorische Ordnung im fernen Süddeutschland herzustellen: Jedenfalls wurden die Städte Mengen, Munderkingen, Saulgau, Riedlingen und Waldsee in den habsburgischen Kanzleien in Wien als Donaustädte geführt, auch wenn nur zwei von ihnen an diesem Fluss liegen. Aber auch die Städte dürften sich zumindest als eine Art Einheit gefühlt haben, denn gemeinsam kauften sie sich von dem Truchsessen von Waldburg los, an den die Habsburger sie verpfändet hatten. Eine Ausstellung in der Städtischen Galerie in Bad Saulgau erinnert an diese Zeit und macht deutlich, dass es den Städten, auch wenn die Habsburger immer wieder versuchten, in ihre Belange einzugreifen, nicht schlecht ging, denn es blühte die Kunst.

Josef Anton Mesmer, Bildnis Franz Jakob Blaicher, 1780

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Fotografische Philosophie des Gegenwärtigen im Kunstmuseum Reutlingen / konkret

Die Fotografie ist ein Medium des Augenblicks, zumal der Schnappschuss hält im Bruchteil einer Sekunde eine Situation fest, kann somit als Inbegriff des Gegenwärtigen gedeutet werden. Wenn nun das Kunstmuseum Reutlingen Fotografie des Gegenwärtigen präsentiert, suggeriert sie freilich, dass dies eher die Ausnahme wäre – und hat nicht ganz unrecht damit: Auch wenn das Foto einen kurzen Situationszustand festhält, präsentiert es uns damit stets Vergangenes, denn dieser Moment der Aufnahme ist Geschichte. Wie also kann Fotografie dennoch den Ausdruck des Jetzt beinhalten?

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Tanz als künstlerisches Prinzip: Max Pechstein in der Kunsthalle Tübingen

Vermutlich haben die Menschen schon immer getanzt, wenn ihnen froh zumute war. Bereits Jahrtausende vor Christus finden sich Höhlenmalereien mit Reihentänzen, vermutlich zu kultischen Zwecken. Solche Tänze dürften bereits strukturiert gewesen sein, wie es im klassischen Ballett wohl am ausgeprägtesten zu sehen ist; doch eigentlich ist Tanz ein eher ursprüngliches Verhalten in ausgelassener Stimmung. Kein Wunder, dass gerade die Expressionisten sich davon angezogen fühlten, strebten sie doch ein Leben und eine Kunst in möglichster Natürlichkeit an, wie eine Ausstellung von Max Pechstein in der Kunsthalle Tübingen zeigt.

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Legaler Schwindel: Op Art und ihre Wurzeln im Kunstmuseum Stuttgart

Höhenangst hat der Held in Alfred Hitchcocks Film Vertigo, und der Meister des Suspense erzeugt im Kinobesucher durch eine raffinierte Kamerafahrt dieselbe psychische Bedrängnis. Hitchcock griff mit solchen filmischen Tricks 1959 für seinen Film auf das zurück, was sich in der Kunst der 50er Jahre großer Beliebtheit erfreute. Die OpArt, wie sie später genannt wurde, bedient sich weitgehend des Mittels der Augentäuschung. Ihre Arbeiten, meist auf zweidimensionalen Bildträgern, gaukeln Räumlichkeit vor, sogar Bewegung. Das Kunstmuseum Stuttgart zeigt einen Überblick über das Spektrum der Spielarten und zeigt auf, dass wie vieles auch dies keinesfalls eine revolutionär neue Art der Bildherstellung war: Vertigo. Op Art und eine Geschichte des Schwindels.

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Die Bewegung der Bilder: Gemälde von Asger Jorn und Filme von Nathalie Djurberg im Kunstmuseum Ravensburg

Ein Gedicht sei wie ein Gemälde, behauptete in der Antike Horaz, und ihm folgten jahrhundertelang die Kunst- und Literaturtheoretiker, bis Gotthold Ephraim Lessing ihnen widersprach. Die Malerei ordne ihre Zeichen, also Farben und Formen, nebeneinander an, also im Raum, die Dichtung die ihren hintereinander, also in der Zeit, und das gilt auch für alle darstellenden Künste. Wenn nun das Kunstmuseum Ravensburg Malerei und Animationsfilme einander gegenüberstellt, ist das von besonderem Reiz, allerdings auch nicht ohne Risiko. Der Maler ist Asger Jorn, einer der herausragendsten Vertreter der Künstlergruppe CoBrA, die Filme stammen von Nathalie Djurberg, die mit dem Komponisten Hans Berg zusammenarbeitet.

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Auf dem Weg zum Geistigen – der Maler Otto Nebel

Als Wassily Kandinsky sich Anfang des 20. Jahrhunderts in seiner Malerei und mehr noch in seiner Graphik von der Gegenständlichkeit entfernte und nur noch Linien, Farben und Formen als reines Ausdrucksmittel wählte, ging es ihm nicht um eine formale Kunst, vielmehr sah er darin die Befreiung zum Geistigen. Und mit seinem Almanach Der Blaue Reiter machte er deutlich, dass es ihm bei Kunst nicht nur um die bildende ging, denn er lud auch die Komponisten Arnold Schönberg und Alban Berg zur Mitwirkung ein, verstand selbst sein Malen als Komponieren. Damit traf er die Bestrebungen des später von ihm geförderten dreißig Jahre jüngeren Otto Nebel. Die Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen widmet ihm eine umfassende Retrospektive: Zur Unzeit gegeigt.

Runen-Fahnen zur Runen-Fuge Unfeig, 1924/25 © Foto: Horst Simschek

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Schwarze Kunst – Künstlerische Nachtvisionen im Kunstmuseum Albstadt

Um Tod, Wahnsinn und Gewalt geht es in dem 1973 erschienenen Album The Dark Side of the Moon von Pink Floyd. Der erste Titel darauf wird von Herzschlägen begleitet, so etwas könnte auch in einer Geschichte von Edgar Allan Poe stehen. Um die Macht halluzinogener Pilze geht es in Martin Suters Roman Die dunkle Seite des Mondes, eine wörtliche Übersetzung des Pink-Floyd-Albums, doch bezog sich Suter möglicherweise auch auf eine Bemerkung von Mark Twain, der meinte, jeder Mensch sei ein Mond und habe eine dunkle Seite, die er niemandem zeige. Wer da an die düstere Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde denkt, liegt nicht falsch. Das Kunstmuseum Albstadt zeigt nun, was bildenden Künstlern zu dieser dunklen Seite eingefallen ist.

Wilhelm Laage, Der Dorfbrand, 1898

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