Archiv des Autors: Dr. Rainer Zerbst

Hochmut vor dem Fall? Der Turm in der Kunst von heute

Das höchste Gebäude der Welt steht in Dubai und überragt den zweithöchsten Turm der Erde um immerhin fast zweihundert Meter. Ob er der höchste bleiben wird, ist zu bezweifeln, denn die Geschichte des Turms ist seit Jahrtausenden mit dem Immer-höher verbunden. Der Turm ist der Inbegriff des Strebens nach oben, damit Symbol des Faustischen im Menschen, des Strebens nach Überblick, aber zugleich auch Symbol der Selbstüberhöhung, vielleicht auch Selbstüberschätzung, der Überheblichkeit, die nicht selten in den verschiedenen Erzählungen vieler Kulturen und Literaturen mit einem Scheitern einhergeht. Die pro arte Stiftung Biberach zeigt nun, wie der Turm Künstler unserer Tage inspiriert hat: Getürmt.

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Wirklich unwirklich. René Wirths im Museum im Kleihues-Bau in Kornwestheim

Dem Maler Zeuxis sagte man im antiken Athen nach, er habe Trauben so porträtieren können, dass Vögel nach ihnen gepickt hätten. Das war das Ideal der Malerei, als es noch ihr alleiniges Vermögen war, Realität wiederzugeben. Das hat sich mit der Erfindung der Fotografie geändert. Wenn heute ein Maler dennoch die Realität derart perfekt mit Pinsel und Farbe nachahmt wie einst Zeuxis, hat er andere Ziele, wie etwa der Berliner René Wirths, von dem das Museum im Kleihues-Bau in Kornwestheim jetzt Beispiele seines Könnens zeigt.

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Reine Malerei: Helmut Sturm im Kunstmuseum Ravensburg

In der Malerei des 20. Jahrhunderts gab es fast nichts, das es nicht gab: Abstrakte Komposition, geometrische Strenge, aber auch neusachlichen Realismus, glatte Flächigkeit und expressiv aufgespachtelte Farbexplosion. Wer Ende der 50er Jahre als angehender Künstler seine Sprache finden wollte, hatte es schwer. Helmut Sturm entwickelte über Jahrzehnte hinweg eine Malerei, die alle Gegensätzlichkeiten einband und alle Grenzen überwand, wie das Kunstmuseum Ravensburg jetzt in einer großen Retrospektive zeigt.

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Zwischen Motiv und reiner Malerei – Landschaftsbilder in der Galerie Schlichtenmaier

Wer den Begriff Landschaft hört, hat in der Regel konkrete Vorstellungen. Landschaft ist nicht einfach nur ein Stück Natur, Landschaft hat eigenen Charakter, sei es eine Berglandschaft, Seenlandschaft oder gar eine Stadtlandschaft. Sie hat ein Wesen, ist gewissermaßen ein Bild der Natur, weshalb letztlich die Malerei prädestiniert für dieses Thema ist. Dass es sich auch im Jahrhundert der abstrakten Malerei eignet, zeigt die Galerie Schlichtenmaier nun anhand von ausgewählten Landschaftsbildern aus einhundertfünfzig Jahren.

Wilhelm Geyer, Blühender Garten, 1940

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Zwischen Realität und Symbol. Der Malergraphiker Walter Eberhard Loch in der Kunststiftung Hohenkarpfen

Es ging ihnen um den Ausdruck innerer Befindlichkeit, den Künstlern des Expressionismus. Da war nicht äußerer Realismus von Bedeutung, weshalb sich diese Künstler nicht selten unrealistischer Farbgebung bedienten und eines sehr subjektiven Pinselstrichs. Einen ganz anderen Expressionismus zeigt die Kunststiftung Hohenkarpfen bei Spaichingen mit dem, wie er sich selbst bezeichnete, akademischen Malergraphiker Walter Eberhard Loch.

Blühende Bäume

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Eins mit der Natur. Tierbilder von Ernst Ludwig Kirchner

Als Karin Kneffel in den 90er Jahren mit Tierporträts an die Öffentlichkeit trat, Köpfen von Schweinen, Kühen und Hunden, da erregte sie Aufmerksamkeit, denn das Tier, zumal das Nutztier des Bauern, war aus der europäischen Malerei längst verschwunden. Es passte nicht zum Weltbild und Weltgefühl der Moderne. Das war auch schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts so. Als sich Ernst Ludwig Kirchner 1917 aus Gesundheitsgründen in die Schweizer Alpen zurückzog und auf seinen Bildern eben solche Tiere festhielt, beschritt er ähnliches Neuland, wie jetzt eine Ausstellung in Bietigheim und Biberach belegt.

Absteigende Kühe, 1920 © Georg Kolbe Museum, Berlin. Foto: Markus Hilbich

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Kunstnatur – Naturkunst: Der Objektkünstler Flavio Paolucci

Künstlich und natürlich sind diametrale Gegensätze, Kunst und Natur dagegen müssen es nicht sein. Tausende von Jahren diente Stein den Bildhauern als Material, in unserer Zeit haben weitere Naturmaterialien in die Kunst Eingang gefunden; Künstler wie Herman de Vries oder Wolfgang Laib gar arbeiten ausschließlich mit solchen Stoffen, der eine mit Pflanzen und Erde, der andere mit Blütenstaub. Auch der Schweizer Flavio Paolucci sucht sich seine Ausgangsstoffe in der Natur, fand aber zu einer ganz eigenen Art der Synthese von Kunst und Natur und auch von künstlich und natürlich, wie eine Ausstellung im Museum Art.Plus in Donaueschingen zeigt.

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Ein Lichtbild der Welt? Eine Fotoinstallation von Damaris Wurster in der Städtischen Galerie Sindelfingen

Eine Fotografie ist eine bildgebende Methode, bei der mittels Licht ein Bild der Welt festgehalten wird, das mittels eines Objektivs auf einen lichtempfindlichen Film projiziert wurde – so die landläufige Vorstellung. Künstler wie Man Ray oder László Moholy-Nagy haben den Film auch direkt mit Licht in Kontakt gebracht und so vielleicht das griechischstämmige Wort Fotografie noch deutlicher umgesetzt: Lichtzeichnung. Die Fotografin Damaris Wurster steht in dieser Tradition, hat aber neue Wege beschritten, wie eine Installation in der Städtischen Galerie Sindelfingen belegt.

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Zwischen Wand und Raum: Bernar Venets Reliefs in der Städtischen Galerie Tuttlingen

Es ist als Kunstform zwischen der Malerei und der Bildhauerei angesiedelt, das Relief. Wie ein Gemälde hat es eine Grundfläche, ragt aber von dieser in den Raum nach vorn – mal mehr als Hochrelief, mal weniger als Flachrelief. Da es wie ein Gemälde in der Regel an der Wand hängt, fehlt dem Relief ein wesentliches Charakteristikum der Plastik: Man kann es nicht umrunden, es kann seine Plastizität nicht voll im Raum entfalten. Wann ein Relief noch Bild und wann schon Skulptur ist, solchen Fragen kann man derzeit in der Städtischen Galerie Tuttlingen nachgehen. Sie zeigt Werke von Bernar Venet unter dem Titel: Reliefs.

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Das Ding an sich: Die Fotokunst von Ricarda Roggan

Gehet hin und lernet, mit so einfachen Mitteln so Großes hervorzubringen“ meinte Beethoven einmal über Georg Friedrich Händel. Dass dieser Grundsatz auch in der bildenden Kunst gelten kann, hat ein Giorgio Morandi bewiesen, der sein Leben lang nahezu nichts anderes als Flaschen und Kannen gemalt hat, oder ein Peter Dreher, der jeden Tag ein Glas Wasser malt und damit ein unendliches Spektrum an Lichtatmosphären schuf. Die Städtische Galerie in Backnang zeigt jetzt, dass offenbar auch die Fotografin Ricarda Rogann diesem Prinzip folgt.

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