Archiv des Autors: Dr. Rainer Zerbst

Das Spätmittelalter im Heute begründet: Die neue Präsentation der religiösen Kunst der Sammlung Dursch in Rottweil

Rund 180 Werke sammelte der spätere Rottweiler Stadtpfarrer Johann Georg Martin Dursch in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts. Neben der Faszination durch die religiöse Ausdruckskraft der Skulpturen, Altarbilder und -aufsätze war es der Wunsch, diese Objekte, die durchweg aus aufgelösten Kirchen und Klöstern stammten, vor dem Ausverkauf oder der Vernichtung zu retten. Er stellte sie auch aus – als Kunst. Dem entsprach die Präsentation der Sammlung seit der Eröffnung des Dominikanermuseums in Rottweil 1992, die weitgehend kunsthistorisch ausgerichtet war. Doch das entspricht nicht dem Charakter dieser Objekte, denn zur Zeit ihrer Entstehung waren sie nicht als Kunst gedacht, sondern situativ und funktional in das Kirchenleben eingebunden. Dem versucht nun eine Neupräsentation Rechnung zu tragen.

 

Thronende Maria mit Kind, Neckarschwaben oder Oberrhein, um 1290 © Ralf Graner Photodesign, Rottweil

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Ein Fantast der Farbe: Der Maler Walter Ophey

Sie wollten zu neuen Ufern aufbrechen, die Künstler, die sich 1905 unter dem bezeichnenden Namen „Die Brücke“ zusammenschlossen. Sie begehrten gegen die Konventionen auf, wollten spontan malen. Akademische Kunst, wie sie noch weitgehend an den Kunstakademien gelehrt wurde, war ihnen ein Gräuel. Sie wollten nicht die Oberfläche, sie wollten ihr Inneres auf die Leinwand bringen mit kräftigen Farben und groben Formen. Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff waren Gründungsmitglieder, aber ihre Anliegen scheinen in der Luft gelegen zu haben. Künstler wie van Gogh und Cézanne prägten viele junge Künstler. Die Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen stellt nun mit Walter Ophey einen weniger bekannten Vertreter einer expressiv subjektiven Kunst vor, einen „rheinischen Expressionisten“.

Rathaus im Sauerland, um 1920 © Kunstpalast, Düsseldorf – ARTOTHEK

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Nachtschwarze Welten: Max Klinger und die Kunst der Radierung in der Galerie Stihl

Er zählte zu den Hauptvertretern des Symbolismus, der 1857 geborene Max Klinger. Kein Wunder, dass er Arnold Böcklin bewunderte, dem seine Bilder an geheimnisvoller Aura und Rätselhaftigkeit oft nicht nachstanden. Kunstfreunde versenkten sich oft eine halbe Stunde in ein einziges seiner Gemälde, um es zu enträtseln, und so unterschiedliche Künstler wie Käthe Kollwitz, Giorgio de Chirico und Edvard Munch bekannten, von ihm beeinflusst zu sein, wie einige Zitate in einer Ausstellung in der Waiblinger Galerie Stihl belegen, die sich Klingers druckgrafischen Bilderzyklen widmet.

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Mit der menschlichen Figur in die Moderne: Die neue Figuration an der Akademie in Karlsruhe

Es war verständlich, dass zumal in Deutschland nach 1945 Kunst für die meisten nur eine Zukunft in der Abstraktion finden könne, denn sie galt als Ausdruck von Freiheit, war vor allem unbelastet von der Malerei, die die Nazis zumal im Bereich der figürlichen Kunst propagierten. So war es nur konsequent, dass mit Willi Baumeister ein führender Vertreter der abstrakten Malerei zum Leiter der neu eröffneten Stuttgarter Akademie berufen wurde. Doch in einer Art Gegenströmung versammelten sich in Karlsruhe mit Erich Heckel, Wilhelm Schnarrenberger und Karl Hubbuch Vertreter einer gegenständlichen, gar figürlichen Malerei auf den Professorenposten. Eine Ausstellung in der Galerie Schlichtenmaier zeigt, dass das die Moderne keineswegs ausschloss, im Gegenteil.

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Eine Welt der Opfer – Mussorgskis Boris Godunow an der Oper Stuttgart

Bei Modest Mussorgskis Boris Godunow könnte man von einer Geschichte des Misstrauens der Oper gegenüber sprechen. Schon der Komponist ergänzte seine ursprüngliche Version durch einen ganzen Akt, vielleicht, weil er meinte, eine Oper ohne große Sopranpartie sei wenig theatertauglich. Später meinte Kollege Rimski-Korsakow die Partitur „verbessern“ zu müssen, was dann Dmitri Schostakowitsch noch einmal auf den Plan rief. Inzwischen scheint sich der „Ur-Boris“ wieder durchzusetzen mit seiner Konzentration auf die Titelfigur und das Volk, so auch jetzt an der Oper Stuttgart, die allerdings Sergej Newski beauftragte, einen Kommentar zu Mussorgski zu komponieren.

Staatsopernchor Stuttgart und Kinderchor der Staatsoper Stuttgart. Foto: Matthias Baus

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Ein Umweltproblem als Kulturgut betrachtet: Die Plastiktüte

Plastik ist ein nützliches Material: leicht, variabel einsetzbar, haltbar – aber auch ein Problem. Allein mit den in einem Jahr weltweit benutzten Plastiktüten könnte man die Erde 10.000 mal umwickeln, und ein Großteil davon landet unter anderem im Meer und in den Fischmägen. Grund für die Bundesregierung, zumindest die Plastiktragetaschen verbieten zu wollen, ein Gesetz ist in Vorbereitung. Das Landesmuseum Stuttgart startet jetzt schon eine Art Nachruf: Adieu Plastiktüte heißt eine Ausstellung in der Dependance des Hauses in Waldenbuch, dem Museum der Alltagskultur. Anlass: Zwei gigantische Privatsammlungen solcher Produkte, die dem Museum zur Verfügung gestellt wurden.

Einkaufstüte: „Aldi Nord“ 1970er Jahre. Entwurf von Günter Fruhtrunk

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Hommage an das künstlerische Material: Felix Schlenker zum 100. Geburtstag

Spurensicherung nannte man in den 70er Jahren eine Form der Konzeptkunst, bei der die Künstler wie Archäologen oder Soziologen vorgingen. So arbeitete Christian Boltanski – bezeichnenderweise Bruder eines Soziologen – in Installationen seine Kindheit mithilfe von Erinnerungsstücken auf, Nikolaus Lang sammelte Hunderte von Gegenständen eine bayrischen Familie. Aber schon Jahrzehnte davor hatte ein Künstler in Villingen-Schwenningen (damals noch Schwenningen) eine Spurensuche künstlerischer Art entwickelt: Felix Schlenker, zu dessen 100. Geburtstag die Städtische Galerie in seiner Heimatstadt eine Ausstellung zeigt.

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Zwischen Kirche und Gesellschaft: Künstler der fünf Donaustädte in Bad Saulgau

Vielleicht war es Unkenntnis, vielleicht der Wunsch, administratorische Ordnung im fernen Süddeutschland herzustellen: Jedenfalls wurden die Städte Mengen, Munderkingen, Saulgau, Riedlingen und Waldsee in den habsburgischen Kanzleien in Wien als Donaustädte geführt, auch wenn nur zwei von ihnen an diesem Fluss liegen. Aber auch die Städte dürften sich zumindest als eine Art Einheit gefühlt haben, denn gemeinsam kauften sie sich von dem Truchsessen von Waldburg los, an den die Habsburger sie verpfändet hatten. Eine Ausstellung in der Städtischen Galerie in Bad Saulgau erinnert an diese Zeit und macht deutlich, dass es den Städten, auch wenn die Habsburger immer wieder versuchten, in ihre Belange einzugreifen, nicht schlecht ging, denn es blühte die Kunst.

Josef Anton Mesmer, Bildnis Franz Jakob Blaicher, 1780

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Fotografische Philosophie des Gegenwärtigen im Kunstmuseum Reutlingen / konkret

Die Fotografie ist ein Medium des Augenblicks, zumal der Schnappschuss hält im Bruchteil einer Sekunde eine Situation fest, kann somit als Inbegriff des Gegenwärtigen gedeutet werden. Wenn nun das Kunstmuseum Reutlingen Fotografie des Gegenwärtigen präsentiert, suggeriert sie freilich, dass dies eher die Ausnahme wäre – und hat nicht ganz unrecht damit: Auch wenn das Foto einen kurzen Situationszustand festhält, präsentiert es uns damit stets Vergangenes, denn dieser Moment der Aufnahme ist Geschichte. Wie also kann Fotografie dennoch den Ausdruck des Jetzt beinhalten?

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Tanz als künstlerisches Prinzip: Max Pechstein in der Kunsthalle Tübingen

Vermutlich haben die Menschen schon immer getanzt, wenn ihnen froh zumute war. Bereits Jahrtausende vor Christus finden sich Höhlenmalereien mit Reihentänzen, vermutlich zu kultischen Zwecken. Solche Tänze dürften bereits strukturiert gewesen sein, wie es im klassischen Ballett wohl am ausgeprägtesten zu sehen ist; doch eigentlich ist Tanz ein eher ursprüngliches Verhalten in ausgelassener Stimmung. Kein Wunder, dass gerade die Expressionisten sich davon angezogen fühlten, strebten sie doch ein Leben und eine Kunst in möglichster Natürlichkeit an, wie eine Ausstellung von Max Pechstein in der Kunsthalle Tübingen zeigt.

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