Archiv für den Monat: Dezember 2020

Lauter Alter egos: Hans Neuenfels‘ Inszenierung von Mozarts Entführung aus dem Serail

Es ist ein Kreuz mit dieser Oper. Die Dialoge um den Edelmann Belmonte, der seine von Türken entführte geliebte Konstanze sucht – und behütet von seinem Diener Pedrillo findet – sind von rührender Naivität, und dann auch noch meist von Sängern vorgetragen, die zwar singen können, deren Sprechen aber an Laiendarsteller gemahnt. Nur wenn die Musik erklingt, ist der Opernfrieden gewahrt. So möchte man am liebsten die Dialoge auf ein Minimum zusammenstreichen – hätte dann aber das Singspiel verfehlt. So etwa mag es sich der Regisseur Hans Neuenfels gedacht haben – und besetzte 1998 an der Oper Stuttgart flugs doppelt: Den fünf Sängern gab er fünf Schauspieler an die Seite.

Matthias Klink, Alexander Bogner. Standbild aus der Videoproduktion

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Just for show: Mozart Così fan tutte am Theatre Royal, Glasgow

List, Lüge, Verrat ist auf der Opernbühne gang und gäbe und führt nicht selten zur Tragödie wie Jagos Lüge um Desdemonas Taschentuch in Verdis Otello. Selten wird jedoch die gesamte Handlung einer Oper von der Vortäuschung falscher Tatsachen geradezu beherrscht wie Mozarts Così fan tutte, wollen doch hier zwei junge Männer die Freundin des jeweils anderen verführen, wenn auch in der hehren Absicht, deren Treue zu beweisen. Hierzu müssen sie erst einmal vorgeben, sie müssten in den Krieg ziehen, um dann verkleidet zum Verführungsspiel zurückzukehren – alles for show. Das Theatre Royal in Glasgow hat genau das zum Thema einer Neuinszenierung gemacht.

Shengzhi Ren, Ferrando, Michael Mofidian, Alfonso und Arthur Bruce, Guglielmo. Standbild aus dem Videostream

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Vom Sinn des Tanzes: Martin Schläpfers erster Wiener Ballettabend Mahler, Live

Dass Videokameras live das Geschehen auf unseren heutigen Theaterbühnen aufnehmen und dass diese Aufnahmen auf Leinwänden simultan Teil des Bühnenbildes und -geschehens sind, ist fast schon zur Selbstverständlichkeit geworden. Im Ballett ist derlei noch eher selten, und doch hatte schon 1979 Hans van Manen neben der Solotänzerin die Videokamera zum zentralen Teil eines Balletts gemacht. Für seinen ersten Ballettabend hat der neue Wiener Ballettdirektor Martin Schläpfer vor seine neueste Kreation diesen Klassiker gesetzt. Coronabedingt steht es bei Arte Concert als Stream auf Abruf bereit.

Olga Esina © Foto: Ashley Taylor

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Musik als persönliche Lebenserfahrung: Die Podcasts der Internationalen Bachakademie Stuttgart

Wie alle Institutionen, die mit Musik an die Öffentlichkeit treten, ist auch der Internationalen Bachakademie Stuttgart ein coronabedingtes Schweigen auferlegt. Das trifft diese von Helmuth Rilling 1981 gegründete und seit 2013 von Hans-Christoph Rademann geleitete Akademie doppelt, denn sie ist ja nicht nur Musikveranstalterin, die neben dem Musikfest Stuttgart eine Vielzahl von Konzerten organisiert, sie ist als Akademie auch für die wissenschaftliche Vermittlung der Musik zuständig, etwa in den alljährlichen Bachwochen, die ein Thema mit Seminaren, Vorträgen und Konzerten abhandeln wie beispielsweise das Verhältnis Bach-Telemann oder einzelne Werke wie Bachs h-Moll-Messe. Jetzt tritt die Akademie mit einem neuen Angebot auf: Im Gespräch mit dem Dramaturgen der Akademie Henning Bey stellt Hans-Christoph Rademann in Podcasts, die im Internet abrufbar sind, eine neue Form der Gesprächskonzerte vor.

Hans-Christoph Rademann (links) und Henning Bey bei der Podcast-Aufnahme. Foto: Holger Schneider

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