Skulpturen haben mehr als nur eine Perspektive, sie sind Kunstwerke im Raum, man kann die Objekte umrunden – und erhält meist unterschiedliche Ansichten. Das ist bei dem Stahlbildhauer Jörg Bach nicht anders, und doch ist sein Werk ungleich „vielseitiger“ als die meisten vergleichbaren Stahlskulpturen. Vor Bachs Skulpturen muss sich der Betrachter wenige Zentimeter nach rechts oder links bewegen, und schon bietet ihm die Arbeit ein völlig anderes Bild. Mehr noch: die Plastiken scheinen sich, während sich der Betrachter vor ihnen bewegt, unablässig zu verändern. Bach arbeitet zwar wie viele andere Stahlbildhauer mit viereckigen Stahlblechen, die er für den weiteren Gebrauch zurechtschneidet, doch von den Formen dieser Ausgangsmaterialien ist bei den fertigen Arbeiten kaum mehr etwas zu sehen, allenfalls zu ahnen.
Archiv für den Monat: Januar 2016
Hinein ins pralle Menschenleben: Die Kunst um 1500 am Beispiel von Albrecht Dürer und Lucas van Leyden
Eine Kuh, die auf dem Bild eines Milchmädchens den größten Raum einnimmt – das wäre vor 1500 in der Kunst kaum denkbar gewesen; der Niederländer Lucas van Leyden zeigte 1510, dass das möglich sein kann. Ein dicker Schlüsselbund am Ärmel einer Frau macht deutlich, dass sie und nicht der Koch an ihrer Seite das Sagen hat; Albrecht Dürer hatte damit 1496 mitten in das Alltagsleben gegriffen und ein Zeichen gesetzt. Die Staatsgalerie Stuttgart dokumentiert mit einer neuen graphischen Ausstellung einen kunsthistorischen Wendepunkt; sie vereint zwei Künstler, die zukunftsweisend sein sollten: Albrecht Dürer und Lucas van Leyden – der Deutsche eine knappe Generation älter als der Niederländer.
Lucas van Leyden. Das Milchmädchen. Staatsgalerie Stuttgart
Kunst aus Licht – der Lunapark im Museum Ritter
„Quadratisch, praktisch, gut“ so lautet ein Werbespruch für eine berühmte Schokoladenmarke, die in Waldenbuch unweit von Stuttgart hergestellt wird. Das Unternehmen gehört den Geschwistern Alfred Ritter und Marli Hoppe-Ritter, und Letztere hat ein großes Hobby: Sie sammelt Kunst, die sie im eigens dafür erbauten Museum Ritter auch zeigt. Einziges formales Kriterium: Die Arbeiten müssen quadratisch sein. Jetzt zeigt sie in einer Ausstellung, dass sich quadratische – das heißt also vor allem abstrakte Kunst – nicht nur mit Pinsel und Stift auf Papier und Leinwand realisieren lässt, sondern auch mit dem Phänomen Licht. „Lunapark 2000“ heißt die Ausstellung, denn seit dem Jahr 2000 sammelt Marli Hoppe Ritter eben auch Lichtkunst.
2015 – ein Annus Mirabilis an der Oper Stuttgart
Die Württembergischen Staatstheater bieten derzeit ein seltsames Kontrastprogramm. Das Stuttgarter Ballett setzt wie gewohnt auf die publikumswirksame Mischung aus sehr viel Tradition (natürlich Cranko sowie Kylian, Béjart, erfreulicherweise auch wieder van Manen), sowie einige (viel zu wenige) Kostproben aus dem neueren Repertoire (Goecke, Volpi). Das Schauspiel Stuttgart scheint dagegen auf dem besten Weg, sein jahrzehntelang bewährtes und treues Stammpublikum zu verlieren; nicht selten verlassen Zuschauer scharenweise die Premierenvorstellungen in der Pause, die Kritik reagiert mit Ironie (ein Intendant verliert sein Gefolge – FAZ; eine unheilvolle Allianz aus Ambition, Arroganz, und Ignoranz – Stuttgarter Zeitung). Die Oper Stuttgart aber kann auf ein Jahr der künstlerischen Triumphe blicken. Keine der vier Premieren geriet auch nur in die Nähe des Mittelmaßes, im Gegenteil. Weiterlesen