Archiv für den Monat: November 2015

Die Kunst der Freiheit. Der Jazz und die bildende Kunst im Kunstmuseum Stuttgart

Wo genau der Jazz entstand, ist umstritten. Manche behaupten in New Orleans, andere wieder favorisieren New York. Auf jeden Fall stammt er aus den Randbereichen der Gesellschaft, aus den Armenvierteln der Großstädte, den dunklen Spelunken, und gespielt wurde er meist von Afroamerikanern – eine Form der Subkultur also. Das war in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts. Doch spätestens seit sich regelrechte Jazzbands oder gar -orchester gründeten, entwickelten die Musiker dieser Richtung Selbstbewusstsein – und fanden sehr bald begeisterte Anhänger, nicht zuletzt unter den bildenden Künstlern. Das Kunstmuseum Stuttgart geht nun in einer großen Ausstellung der vielschichtigen Symbiose zwischen diesen beiden Künsten nach.

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Ernst Ludwig Kirchner, Negertanz, 1911. Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Foto: Walter Klein, Düsseldorf

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Ein Mädchen in einer grausamen Welt. „Salome“ an der Oper Stuttgart

Sie gilt neben Alban Bergs Lulu wohl als der Inbegriff weiblicher Verführung auf der Opernbühne, vielleicht auch als Femme fatale. Von wilder Liebe zum Propheten Jochanaan ergriffen – das ist Johannes der Täufer in der Bibel -, der sich ihrer Begierde aber verweigert, fordert sie am Ende den Tod des Propheten. Er wird ihr entsprechend ihrem Wunsch auf einem Tablett gereicht und am Ende ihrer großen Schlussarie küsst sie ihn. Die Rolle ist eine Herausforderung. Zum einen, weil sie sich den Kopf des Geliebten mit einem erotischen Tanz der sieben Schleier erkauft, was nicht jede Sängerin ohne weiteres gern macht, zum zweiten, weil sie zwar noch ein Mädchen ist, stimmlich aber hochdramatisch sein muss. An der Oper Stuttgart hat der russische Regisseur Kirill Serebrennikov eine neue Sichtweise auf die Bühne gebracht.

Salome von Richard Strauss 22. November 2015 Musikalische Leitung: Roland Kluttig, Georg Fritzsch Regie und Kostüme: Kirill Serebrennikov Bühne: Pierre Jorge Gonzalez Video: Ilya Shagalov Licht: Reinhard Traub Dramaturgie: Ann-Christine Mecke Auf dem Bild: Iain Paterson (Jochanaans Stimme) Foto: A.T. Schaefer

Iain Paterson (Jochanaans Stimme). Foto: A.T.Schaefer

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Grenzgänger zwischen Kunst und Alltag. Christian Marclay in der Staatsgalerie Stuttgart

So mancher DJ von heute müsste dem Amerikaner Christian Marclay auf Knien danken, denn er soll das wesentliche Ausdrucksmittel des HipHop erfunden haben – den Turntablism. Dabei wird der Klang entweder durch Kratzen auf Schallplatten erzeugt oder durch das rhythmische Gegeneinanderdrehen zweier Schallplatten. Marclay kam um 1980 auf die Idee, weil er nach eigenem Bekunden Musik machen wollte, ohne ein Instrument zu beherrschen. Also machte er den Schallplattenapparat zum Instrument, manipulierte die Platten, zerschnitt sie und klebte sie wieder falsch zusammen. Später integrierte er solche Klänge und Objekte in Videofilme. Was inzwischen aus diesen Anfängen entstanden ist, zeigt jetzt die Staatsgalerie Stuttgart in einer kleinen Ausstellung. Im Mittelpunkt steht dabei Marclays Arbeit „Shake Rattle and Roll“ aus dem Jahr 2004.

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Christian Marclay, Shake Rattle and Roll, Installationsansicht Staatsgalerie Stutgart 2004 © Christian Marclay. Courtesy Paula Cooper Gallery New York. Foto: Tweaklab

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Träume aus Licht, Schatten und Bewegung. „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“ von Lotte Reiniger

Schon als Kind bastelte sie sich ihr eigenes Silhouettenschattentheater in der Tradition der Chinesen – und damit hatte Lotte Reiniger bereits ihre spätere Berufung entdeckt. Als Teenager kam die Begeisterung für den Stummfilm hinzu, dessen Ausdrucksspektrum Georges Meliés in Frankreich durch Spezialeffekte ausweitete und der durch Walter Ruttmann und Paul Wegener in Deutschland rein abstrakt wurde. Mit beiden arbeitete Lotte Reiniger eng zusammen, während sie ihre eigene Form des Silhouettenanimationsfilms entwickelte. 1926 vollendete sie mit den „Abenteuern des Prinzen Achmed“ den ersten abendfüllenden Film dieses Genres. Jetzt zeigt das Stadtmuseum Tübingen, das Reinigers Nachlass verwaltet, zusammen mit dem Filmmuseum Düsseldorf, dem Lotte Reiniger kurz vor ihrem Tod zahlreiche Dokumente ihrer Arbeit überlassen hatte, eine umfassende, wissenschaftlich fundierte Ausstellung zu diesem epochalen Dokument der Filmgeschichte.

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Lotte Reiniger, Die Abenteuer des Prinzen Achmed 1926, Filmhintergrund. Bild: Stadtmuseum Tübingen

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Phantasien in Stahl. Der Bildhauer Erich Hauser im Museum Art.Plus

Wenige Bildhauer sind derart häufig im öffentlichen Raum anzutreffen wie Erich Hauser. In Frankfurt vor der Deutschen Bundesbank ragt eine Stahlplastik mit schräg nach oben ragenden Spitzen. Vor der Meistersingerhalle in Nürnberg steht eine in sich ruhende runde Stahlsäule, und vor dem Sportinstitut in Tübingen hockt in sich gekauert ein Stahlgebilde geduckt auf dem Boden. Allen gemeinsam ist das Material: Edelstahl, gemeinsam ist auch die abstrakte Form, aber bereits diese drei Arbeiten zeigen, wie unterschiedlich die Formensprache dieses Künstlers war. In Rottweil kann man das auf dem Gelände seiner Werkstatt nachvollziehen, das er zusammen mit seinen Wohnhäusern und zahlreichen Plastiken in eine Stiftung überführt hat. Jetzt präsentiert das Museum Art.Plus in Donaueschingen einen Überblick über sämtliche Phasen seiner Entwicklung.

 

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Von ewiger Aktualität: Igor Strawinsky und das Ballett

Er war einer der bedeutendsten Vertreter der Neuen Musik im 20. Jahrhundert: Igor Strawinsky. Dabei hat er sich – mehr noch als sein Vorgänger Tschaikowsky – mit der Kunst des Tanzes auseinandergesetzt. Zusammen mit dem legendären Sergej Diaghilew schuf er Ballettklassiker wie „Feuervogel“, „Petruschka“, „Sacre du Printemps“ und „Pulcinella“. Das Stuttgarter Ballett erkundet in einem neuen Programm, was Strawinsky den Choreographen von heute zu sagen hat: Sidi Larbi Cherkaoui und Demis Volpi steuern neue Kreationen bei, von Marco Goecke kommt sein 2009 in Leipzig uraufgeführtes Ballett „Le Chant du Rossignol“ hinzu.

Le Chant du Rossignol (Ch: Marco Goecke)

 

Gesang der Nachtigall, Choreographie: Marco Goecke.Tänzer: Heather MacIsaac, Roland Havlica © Stuttgarter Ballett

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Bücher in Bewegung. Die neue Marbacher Wechselausstellung

Lesen gilt als einsame, vor allem bewegungsarme Beschäftigung. Man sitzt, man blättert die Seiten um. Bücher gelten als in sich ruhendes Medium: Eine Anzahl von bedruckten (oder handgeschriebenen) Blättern zwischen zwei Deckeln. Das Deutsche Literaturarchiv in Marbach ist der Inbegriff dieser „Statik“, schließlich ruhen dort Abertausende von Büchern in den Archiven. Und doch hat jetzt ausgerechnet dieses Archiv seine neue große Wechselausstellung „Dem bewegten Buch“ gewidmet.

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Foto: DLA Marbach

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Georgianer ohne George. Ulrich Raulff beschreibt den George-Kreis ohne seinen Meister

Dass große Dichter eine Schar von Jüngern, Verehrern, Epigonen um sich versammeln, versteht sich fast von selbst. Manche dieser Jünger frönen ihrer Begeisterung im Stillen, aus der Distanz, andere suchen die Nähe zum Idol, wie etwa all jene Weimar-Pilger, die dem großen Geheimrat von Goethe ihre Aufwartung machen wollten. Und dann gibt es noch jene Dichter, die ganz bewusst einen Kreis von Adepten um sich scharen. Ein Meister in der Kunst, sich mit einer Corona zu umgeben, war Stefan George, der sich in jeder Beziehung zum Dichtergott stilisierte. Thomas Karlauf hat in einer großen Studie dieses Charisma biographisch herausgearbeitet. Ulrich Raulff hat sich diesem Phänomen auf eine ganz andere Weise genähert. Er zeichnet gewissermaßen das Nachleben dieses Dichters nach: Was passiert, wenn der Mittelpunkt eines solchen Schülerzirkels plötzlich nicht mehr da ist. Wenn der „Kreis ohne Meister“ ist.

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In einer anderen Welt? Finnische Kunst von heute

Bei Finnland denkt man an das Land der 1000 Seen, an Einsamkeit, an die Musik eines Jean Sibelius. Bei Kunst fällt einem der Designer Alvar Aaalto ein, doch ansonsten ist finnische Kunst bei uns unbekannt, sieht man einmal von der Fotografie ab. Jetzt zeigt die Städtische Galerie in Bietigheim anhand von acht Künstlern Gegenwartskunst aus Finnland. „In Other Worlds“ heißt die Schau – bei der man allerdings darauf achten sollte, nicht allzu vorschnell zu interpretieren.

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Aus der Ruhe des Ich. Die Kunst des Julius Bissier

Bei Kunstkennern lässt sein Name in der Regel die Augen leichten, Kunstpreise hat er zuhauf erhalten, von Berlin ebenso wie von Sao Paolo; gleich zweimal war er auf der Kasseler documenta vertreten, desgleichen bei der Biennale in Venedig, wo er sogar eine Sonderausstellung erhielt, in den Kunstlexika wird in höchsten Tönen von ihm geschwärmt – und doch ist er immer noch ein weithin Unbekannter: Julius Bissier, vor 100 Jahren in Freiburg geboren, 1965 in Ascona gestorben. Zurückgezogen arbeitete er am Bodensee, später in Ascona, seine Bilder entstanden nicht selten in den stillen Nachtstunden. „Zeichen der Stille“ heißt eine Ausstellung in der Galerie Schlichtenmaier in Stuttgart.

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A. 29. I. 61

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